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 Rechtsanwalt Bonn Dr. Palm

 

Prüfungsschema

bei Eheverträgen

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Auf dem Weg zum Standesamt

 

Zum Prüfungsschema der Rechtsprechung bei Eheverträgen gilt folgendes: 

 

Schritt I: Wie der Bundesgerichtshof dargelegt hat, darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine offensichtlich einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.

 

Dabei hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei nach der Rechtsprechung eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt. Es kommt also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf eventuelle Kinder an. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.

 

Schritt II: Im nächsten Schritt muss der Tatrichter, wenn ein Ehevertrag nach diesen Kriterien Bestand hat, im Rahmen der Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB). Für diese Prüfung sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend, sondern ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht.

Inhaltskontrolle von Eheverträgen - dazu der  XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Februar 2004)

Fall: Die seit 2001 geschiedenen Parteien hatten 1985 geheiratet. Der 1948 geborene Ehemann ist Unternehmensberater; seine sieben Jahre jüngere Ehefrau hatte vor der Ehe ein Hochschulstudium abgeschlossen und war als Archäologin tätig gewesen. 1988, zwei Jahre nach Geburt ihres ersten und rund ein Jahr vor Geburt ihres zweiten Kindes, vereinbarten sie Gütertrennung, schlossen den Versorgungsausgleich aus und verzichteten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme des Unterhalts der Ehefrau wegen Kindesbetreuung. Der Ehemann verpflichtete sich im übrigen, durch laufende Prämienzahlungen für seine Ehefrau auf deren 60. Lebensjahr eine Kapitallebensversicherung mit einer erwarteten Ablaufleistung von rund 172.000 DM zu begründen.

Prozessverlauf: Das Oberlandesgericht hat den Ehevertrag unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen als unwirksam angesehen und der Klage der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt und Auskunft im Rahmen des Zugewinnausgleichs teilweise stattgegeben. Der Senat hat dieses Urteil, soweit es mit der Revision angefochten ist, aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zwecks neuer Feststellungen zurückverwiesen.

Rechtsauffassung des BGH: Es steht Ehegatten grundsätzlich frei, die gesetzlichen Regelungen über den Zugewinn, den Versorgungsausgleich und den nachehelichen Unterhalt ehevertraglich auszuschließen. Allerdings darf der Schutzzweck dieser Regelungen nicht beliebig unterlaufen werden. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die vereinbarte Lastenverteilung der individuellen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse in keiner Weise mehr gerecht wird, weil sie evident einseitig ist und für den belasteten Ehegatten bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Das ist um so eher der Fall, je mehr der Ehevertrag in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.

Insoweit ist eine Abstufung vorzunehmen. Zum Kernbereich gehören in erster Linie der Unterhalt wegen Kindesbetreuung und in zweiter Linie der Alters- und Krankheitsunterhalt, denen der Vorrang vor den übrigen Unterhaltstatbeständen (z.B. Ausbildungs- und Aufstockungsunterhalt) zukommt. Der Versorgungsausgleich steht als vorweggenommener Altersunterhalt auf gleicher Stufe wie dieser selbst und ist daher nicht uneingeschränkt abdingbar. Der Ausschluss des Zugewinnausgleichs schließlich unterliegt - für sich allein genommen - angesichts der Wahlfreiheit des Güterstandes keiner Beschränkung.

Der Tatrichter hat daher in einem ersten Schritt gemäß § 138 Abs. 1 BGB eine Wirksamkeitskontrolle des Ehevertrages anhand einer auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse der Ehegatten vorzunehmen, insbesondere also hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und ihres geplanten oder bereits verwirklichten Lebenszuschnitts. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten gerechtfertigt wird. Ergibt diese Prüfung, dass der Ehevertrag unwirksam ist, treten an dessen Stelle die gesetzlichen Regelungen.

Anderenfalls ist in einem zweiten Schritt im Wege der Ausübungskontrolle (§ 242 BGB) zu prüfen, ob und inwieweit die Berufung auf den Ausschluss gesetzlicher Scheidungsfolgen angesichts der aktuellen Verhältnisse nunmehr missbräuchlich erscheint und deshalb das Vertrauen des Begünstigten in den Fortbestand des Vertrages nicht mehr schutzwürdig ist. In einem solchen Fall hat der Richter die Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in ausgewogener Weise Rechnung trägt.

Der BGH hat die Annahme des OLG, die von den Eheleuten getroffenen Abreden seien unwirksam, nicht gebilligt. Für einen Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB, Wirksamkeitskontrolle) fehle es an tatsächlichen Feststellungen, insbesondere was die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke, ihre Lebensplanung und ihre sonstigen Beweggründe betreffe. Eine vom Ehemann ausgenutzte Unterlegenheit der Ehefrau sei nicht erkennbar. Für die Zeit der Kinderbetreuung sei der gesetzliche Unterhaltsanspruch der Ehefrau schon nach dem erklärten Parteiwillen nicht ausgeschlossen; für die Zeit nach der Kinderbetreuung könne sich eine - wenn auch nicht notwendig auf den vollen eheangemessenen Unterhalt gerichtete - Unterhaltspflicht des Ehemannes im Wege der Ausübungskontrolle (§ 242 BGB) ergeben. Einer solchen Kontrolle unterliege zwar auch der vereinbarte Ausschluss des Zugewinnausgleichs; die vom Oberlandesgericht hierzu bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigten jedoch nicht die Annahme, dass der Ehemann nach § 242 BGB gehindert werde, sich auf die von den Parteien vereinbarte Gütertrennung zu berufen (Urteil vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02).

Ergänzende Überlegungen/Details zur Sittenwidrigkeit 

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit eines sog. vorsorgenden, also vor oder anlässlich der Heirat und im Zusammenhang entweder mit einer Schwangerschaft oder mit der Sorge für ein gemeinsames Kind geschlossenen Ehevertrages begründet eine Schwangerschaft allein noch keine ungleiche Verhandlungsposition. Sie gilt nach der Rechtsprechung aber als Indiz.   

Bei der beabsichtigten Trennung von Privat- und Firmenvermögen handelt es sich um eine gängige Praxis für Ehen zwischen Angestellten und Selbständigen. Schon die Üblichkeit derartiger ehevertraglicher Regelungen bei Ehen mit einem selbständigen Partner ist ein gewichtiges Indiz gegen die Sittenwidrigkeit. Zum anderen vermindert die Trennung von Privat- und Firmenvermögen zu Gunsten des angestellten Ehepartners das Risiko, im Fall wirtschaftlicher Not des Unternehmens zugleich seine Lebensgrundlage zu verlieren. Sie kann mithin je nach Entwicklung der selbständigen Tätigkeit nach der Rechtsprechung sogar von erheblichem Nutzen sein.  

Dem Betreuungsunterhalt kommt bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit die größte Bedeutung zu, weil er um Kernbereich der Scheidungsfolgen gehört. Haben Parteien die Zahlung von Betreuungsunterhalt, dessen Höhe sich an den Lebenshaltungskosten orientiert, bis zum Alter der Kinder von knapp 14 und 12 Jahren vereinbart, wurde die wesentliche Betreuungszeit der Kinder abgedeckt. Eine solche Modifikation wäre also möglich. Der Betreuungsunterhalt kann gleichwohl geregelt bzw. ausgeschlossen werden, wenn es dem Lebensplan der Parteien entspricht, dass beide Eheleute berufstätig bleiben. Das gilt insbesondere, wenn während bestehender Ehe der Unterhaltsberechtigte einer gut bezahlten Berufstätigkeit nachgegangen ist und während der Trennung eine (weitere) Berufsausbildung absolviert hat. 

Kontrollkriterium: Wenn im Zeitpunkt der Ehescheidung der Anspruchstellerin unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung zum Betreuungsunterhalt kein weiterer Anspruch zugestanden hätte, kommt es auf den Ehevertrag letztlich nicht an. Aus dem weitgehenden Ausschluss des Betreuungsunterhalts muss sich keine unzumutbare Lastenverteilung ergeben, wenn der Anspruchstellerin auch dann kein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zusteht, wenn er den Ehevertrag nicht abgeschlossen hätte. Hinsichtlich der danach durchzuführenden Ausübungskontrolle begegnet der weitgehende Ausschluss des Betreuungsunterhalts auch keinen Einwänden, wenn er dem von den Eheleuten angestrebten und gelebten Ehetyp entsprach und die Anspruchstellerin keine ehebedingten Nachteile erlitten hat.  

Wenn aufgrund des geplanten Zuschnitts einer Ehe ein Ehegatte über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint, kann ein Ehevertrag, der einen kompensationslosen Ausschluss des Versorgungsausgleichs vorsieht, auch sittenwidrig sein. Die Nichtigkeit des Ausschlusses des Zugewinnausgleichsanspruchs kann sich jedoch aus dem Zusammenspiel der verschiedenen vertraglichen Regelungen (Ausschluss des künftigen Trennungsunterhalts und des nachehelichen Unterhaltsanspruchs) und der vorzunehmenden Gesamtschau des gesamten Vertragsinhalts ergeben. Einig Unklarheit besteht hinsichtlich der regelmäßig anzutreffenden salvatorischen Klauseln, die für die isolierte Nichtigkeit einzelner Regelungen eines Ehevertrages sprechen können oder aber bei stark ungleichgewichtigen Verhandlungspositionen und offensichtlich einseitiger und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung für Gesamtnichtigkeit. Der BGH wurde sogar von einem Amtsgericht getadelt, hier nicht ausreichend differenziert zu haben. 

Prozessual: Ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrags besteht nur nach Einleitung des Scheidungsverfahrens.

Vielleicht mehr als jede andere Rechtsmaterie ist das Ehe- und Familienrecht für Mandanten eine existenzielle Frage. Insbesondere die Verquickung von drängenden Rechtsfragen und oft schwerer emotionaler Betroffenheit bereitet hier Mandanten besondere Probleme, die wir helfen zu lösen, indem wir beiden Aspekten Rechnung tragen. 

Wir vertreten seit Anbeginn unserer Kanzleitätigkeit zahlreiche Mandanten auf den diversen Gebieten des Ehe- und Familienrechts: Scheidungen, Trennung, Lebenspartnerschaften, Lebensgemeinschaften, Härtefall, Unterhalt nebst Auskunftsanspruch, Versorgungsausgleich, Sorgerecht, Umgangsregelungen, Zugewinn, Schulden, Hausrat, Zuweisung der EhewohnungGrundstücken, Scheinehe, Eheaufhebung

 Auch familienrechtliche Konstellationen aus dem internationalen Privatrecht, wenn also Bezüge zu fremden Rechtsordnungen, etwa europäischen oder türkischen (Speziell zur Scheidung nach türkischem Recht) Regelungen zu klären waren, haben wir untersucht. 

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